2020 – was für ein Jahr. Auch, wenn es viel Umstellungen mit sich gebracht hat – ich hatte eine Menge positive Momente durch Lockdown, Homeoffice und Co.
Wenn ich mein Jahr Revue passieren lasse, besteht es für mich vor allem aus fünf großen Teilen: Entschleunigung, das Gartenprojekt, Arbeitslosigkeit, Katzenkinder, ein neuer Job und natürlich lemons. Diese Teile habe ich mal versucht ein bisschen in Worte zu fassen.
1. Entschleunigung
An die zwei Monate „vor Corona“ erinnere ich mich gar nicht mehr wirklich. Ich weiß nur noch, dass wir bei meiner damaligen Arbeitsstelle schon ziemlich früh besprochen hatten, wann und wie wir ins Homeoffice umziehen könnten. Zu diesem Zeitpunkt war meine größte Sorge noch, wie ich mich auf meine Vertragsverhandlungen für meinen unbefristeten Vertrag vorbereite. Als Corona dann auch hier in Deutschland so richtig losging und der erste Lockdown ausgerufen wurde, war ich natürlich beunruhigt, aber vor allem stellte sich schnell ein weiteres Gefühl ein: Ruhe.
Denn von heute auf morgen war alles anders und Menschen mussten plötzlich zuhause bleiben. Ihr Leben wurde gezwungenermaßen entschleunigt und viele stellten fest: das ist ja eigentlich voll gut. Der Druck, immer und überall präsent sein zu müssen, ewig viele Überstunden zu schieben, die riesige Auswahl an Möglichkeiten sich abzulenken (vor allem in einer Stadt wie Berlin), das alles gab es auf einmal nicht mehr und man musste anfangen, sich auf die wesentlichen Dinge zu konzentrieren und lernen, mit wenig auszukommen.
Das ist nicht immer einfach, wenn man sich in einer Gesellschaft befindet, die maximal vom Kapitalismus geprägt ist und die meisten Menschen weiterhin in ihren Hamsterrädern bleiben. Dementsprechend bleibt auch eine grundlegende Erwartungshaltung an alle anderen bestehen – ob man da mitspielen will oder nicht. Und das schafft Druck. Druck, dem manche nicht standhalten können oder das vielleicht auch gar nicht wollen.
Dementsprechend habe ich wie viele andere Menschen auch sehr von dieser Entschleunigung profitiert, denn Leute, die sonst nur unter Strom standen und diesen Strom an andere weitergegeben haben, konnten das nicht mehr. Ich hoffe sehr, dass sich diese Entwicklung weiter durchsetzt, denn mir tut sie sehr gut!
2. Das Gartenprojekt
Der Lockdown kam, für uns zumindest, genau zur richtigen Zeit. Mein Freund wurde in Kurzarbeit geschickt und ich war Vollzeit im Homeoffice. Das hieß: Wir hatten richtig viel Zeit, um gemeinsam unseren Garten nutzbar zu machen. (Ja, wir haben einen Garten in Friedrichshain an der Wohnung dran) Und diese Zeit brauchten wir auch. Das war natürlich ein absolutes Privileg.
Wir konnten uns den ganzen Tag draußen aufhalten, ohne wirklich vor die Tür zu gehen und hatten zusätzlich eine wirklich sinnvolle Beschäftigung, von der wir im Sommer so richtig profitiert haben. Dadurch haben wir nicht nur effektiv viel Zeit miteinander verbracht, was unserer Beziehung richtig gut getan hat, es hat auch dafür gesorgt, dass wir in der ersten Zeit keinen Lagerkoller hatten, wie ich es von vielen anderen mitbekommen habe.
Im Sommer war es dann ein kleiner Miniurlaubsort und ich werde auf jeden Fall super traurig sein, wenn wir hier irgendwann mal wegziehen. Denn auch wenn die Wohnung, dank Erdgeschoss, sehr dunkel ist – ein Garten ist zwar viel Arbeit aber auch echter Luxus. Vor allem wenn man, so wie nunmal dieses Jahr, an die Wohnung gebunden ist.
3. Arbeitslosigkeit und keine angemessene Verabschiedung
Die Sorge um meine Vertragsverhandlungen waren unnötig, wie sich im März herausstellte, denn mein Vertrag wurde aufgrund von internen Umstellungen nicht verlängert und ich hatte ab April keine Arbeit mehr. Mitten im Lockdown. Abgesehen von der Angst, finanzielle Probleme bekommen zu können (grauenvolles Gefühl), fand ich es vor allem komisch, mich digital von meinen Kolleg*innen zu verabschieden.
Nach dem Abschieds-Zoom-Meeting habe ich meinen Laptop zu geklappt und war alleine. Keine Umarmungen, kein Versacken mit den Last People Standing, kein sentimental aufgeladener Nachhauseweg. Das kam mir nicht vor wie eine angemessene Verabschiedung. Andererseits bin ich natürlich auch froh, dass es in der heutigen Zeit überhaupt möglich ist, sich digital zu treffen.
Danach folgte eine psychisch sehr anstrengende Zeit. Der Garten, unser erstes Lockdown-Projekt, war so gut wie fertig und außer Animal Crossing zu spielen hatte ich nicht wirklich etwas zu tun und auch ehrlich gesagt keine Energie, um irgendwas “großes” umzusetzen, was andere in meiner Situation vielleicht gemacht hätten. Das einzige, wofür ich mich aufraffen konnte, war lemons.
Die selbstgewählten zwei Monate Pause verflogen dermaßen schnell und auf einmal war wieder Druck da. Druck, einen neuen Job zu finden, Druck, zu leisten. Teilweise selbst auferlegt, teilweise von außen. Das war scheiße und gut zu gleichen Teilen. Scheiße, weil es mich manchmal noch mehr gelähmt hat und ich tagelang auf der Couch in Selbsthass und Zweifel versunken bin und gut, weil es an besseren Tagen dafür gesorgt hat, dass ich meinen Arsch hoch bekommen habe und nach neuen Jobs gesucht habe.
Diese Zeit war auch für meine Beziehung eine ganz schön harte Probe. Es gab unglaublich viel Streit, der meine eh schon massiven Selbstzweifel noch mehr befeuert hat. Aber wie alles, an dem man nicht kaputt geht, macht es am Ende nur stärker. Durch den Krach habe ich letztend Endes auch sehr viel über mich und meine Art und Weise zu streiten gelernt. Und halleluja, da liegt noch Arbeit vor mir. Doch wie bei allem gilt auch hier: Step by Step!
4. Katzenkinder
Die zweite große Veränderung in diesem Jahr war auf jeden Fall, dass Anfang Juli zwei kleine Katzenbabys bei uns eingezogen sind. Damit hat sich ein riesengroßer Wunsch für mich erfüllt. Ich bin mit Katzen aufgewachsen und wollte, seit dem ich damals von zuhause ausgezogen bin, immer eigene haben. Auch wenn mein Freund erst nicht so davon überzeugt war, als wir Lotti und Carli im Tierheim gesehen haben, war die Entscheidung klar.
Und bis heute haben wir sie nicht bereut. Die kleinen Flauschis, so anstrengend sie manchmal sind, machen das Leben so viel schöner. Außerdem haben sie mir die Monate ohne Job deutlich leichter gemacht. Ich war durch sie nie alleine, hatte rund um die Uhr was zu kuscheln und zu lachen und war außerdem gezwungen, mich aus meiner Lethargie zu lösen. Denn um das Katzenklo und ihr Futter können sich die Katzen nicht selbst kümmern und dafür musste ich wohl oder übel von der Couch aufstehen.
Es ist viel Verantwortung, ja. Und wenn wieder Zeiten kommen, in denen man ohne Probleme reisen kann, sind spontane Wochenendausflüge ab jetzt mit mehr Aufwand verbunden, aber das war und ist es mir auf jeden Fall wert. Denn mein Leben bestand auch vor Corona nicht aus ständiger spontaner Abwesenheit und das wird sich auch danach sehr wahrscheinlich nicht ändern. Und glücklicherweise haben wir genug Menschen in unserem Umfeld, die sich in solchen Momenten um die zwei kümmern.
5. Neuer Job
Zum Ende des Jahres haben sich der ganze Stress, die vielen Tränen und die ganze Kreativität, die in meine Bewerbungen geflossen sind, zum Glück noch ausgezahlt. Seit November habe ich einen neuen Job (Yeah!) mit dem ich mega happy bin! Ich arbeite jetzt als Social Media Managerin für einen YouTube Kanal von funk (So Many Tabs) und damit in einem Bereich, der für mich aktuell alles vereint, was ich mir für meine Arbeit gewünscht habe.
Ich lebe seit meinem 16. Lebensjahr in der YouTube Bubble, habe selbst Video gemacht und wollte immer wissen, wie es hinter den Kulissen von großen Formaten aussieht. Und genau das erlebe ich gerade. Ich lerne aktuell unglaublich viel und bin noch dabei, anzukommen. Aber die Stelle fühlt sich auf jeden Fall super passend an.
„Das ist ein richtig gutes Gefühl und sorgt vor allem dafür, dass ich auch auf Arbeitsebene für mich und meine Bedürfnisse einstehe und diese auch klar kommuniziere.“
Neben vielen neuen Aufgaben ist das Neueste aber definitiv meine Gefühlswelt in Bezug auf den Job. Ich habe mich mit diesem Job das erste Mal auf eine vollwertige Stelle beworben. Nicht nur als Auszubildende, Praktikantin oder Studentin, sondern als Person mit Know-How in ihrem Bereich – und das ist komplett neu für mich. Bisher habe ich nur erfahren wie es ist, ständig Welpenschutz zu “genießen” und immer den Stempel Praktikantin oder Auszubildende zu haben. Auch wenn dieser bei meiner letzten Stelle gerade am verblassen war und ich gelernt habe, berufliches Selbstbewusstsein aufzubauen.
Davon profitiere ich auf jeden Fall und es wird von Arbeitstag zu Arbeitstag mehr. Das ist ein richtig gutes Gefühl und sorgt vor allem dafür, dass ich auch auf Arbeitsebene für mich und meine Bedürfnisse einstehe und diese auch klar kommuniziere. Ich bin super gespannt, wie sich mein nächstes Jahr beruflich entwickelt und hoffe definitiv noch eine ganze Weile an dem Projekt arbeiten zu können. Denn junge Frauen im Technikbereich zu repräsentieren, ist definitiv ein richtig cooler Job! Abgesehen von dem richtig coolen Team, mit dem ich arbeite!
6. Lemons
Tja, was soll ich dazu groß sagen? Wenn dieser letzte Punkt kein großes Ereignis für mich war, dann würdest du diesen Text erstens gar nicht lesen und zweitens sollte ich ihn dann gar nicht erst schreiben. Mit lemons haben wir dieses Jahr etwas an den Start gebracht, das mehr für mich macht, als ich anfangs dachte. Ich hatte zwar Bock auf einen eigenen Blog und wollte schon immer „etwas Eigenes machen“, aber dass es mich so glücklich macht und ich gerne so viel Energie und Zeit hier rein stecke, hätte ich nicht erwartet.
Das kommt in erster Linie daher, dass ich in meinem Leben schon viele Dinge angefangen habe, total euphorisch war, sie dann aber schnell wieder im Sand verlaufen lassen habe.
Aber auch Angst war dabei. Angst davor, gar nicht die Kapazitäten dafür aufbringen zu können, Angst davor, dass meine/unsere Worte vollkommen uninteressant sind oder schlimmstenfalls: falsch verstanden werden. Angst davor, belächelt zu werden, Angst vorm Scheitern.
„Ich liebe dieses Projekt so sehr und es hat für so viele gute Momente in diesem Jahr gesorgt.“
Aber: Wer nicht wagt, die nicht gewinnt. So blöd der Spruch auch ist, er stimmt. Denn unabhängig davon, was aus diesem Blog wird – ob er irgendwann total viel geklickt wird oder für immer klein bleibt: Ich liebe dieses Projekt so sehr und es hat für so viele gute Momente in diesem Jahr gesorgt, dass ich einfach nur glücklich und dankbar bin dafür, dass wir diesen Blog, unser eigenes kleines Baby, online gestellt haben und für alle Momente die damit zusammenhingen.
Deshalb möchte ich meinen Jahresrückblick auch mit einem DANKE beenden. Danke an die vielen großartigen Menschen, die mich durch dieses Jahr getragen haben und vor allem DANKE Daria – ohne dich wäre lemons immer noch nur eine Idee, die uns bei einer Autofahrt gekommen ist.
Titelbild: Kelly Sikkema