Auch wenn jeder Tag Frauentag sein sollte – wir leben leider noch nicht in dieser Welt. Und genau deshalb ist der Frauenkampftag so wichtig! Denn auch, wenn wir seit dem ersten Frauentag schon viel erreicht haben, sind wir noch lange nicht am Ziel! Es gibt leider immer noch zu viel Ungerechtigkeit und noch lange keine Gleichstellung.
Weltfrauentag, Frauentag, Frauenkampftag, feministischer Kampftag – viele Begriffe, aber ein Ziel
Deshalb haben wir viele tolle Frauen gebeten uns zu erzählen, was der Frauentag für sie bedeutet und wo sie sich noch benachteiligt sehen. Denn genau darum geht es: gegenseitiges Zuhören, verschiedene Lebensrealitäten anerkennen, verstehen und sich anschließend der eigenen Privilegien bewusst werden, um danach sein Handeln anzupassen – gemeinsam!
Juliane, 30, Studentin & Freelancerin
Der Frauentag ist für mich besonders bedeutend und kraftvoll, um auf strukturelle Ungerechtigkeiten aufmerksam zu machen und Zeichen dagegen zu setzen. Ich bin dankbar, dass unsere Vorkämpferinnen bereits so viel für uns bewegt haben. Jetzt sind wir an der Reihe für eine gerechtere Gegenwart und Zukunft aller Frauen* zu kämpfen.
Ein Weg, um dies zu erreichen, ist meiner Meinung nach die finanzielle Gleichstellung und Unabhängigkeit von Frauen*. Deshalb fordere ich ein Gesetz zu #Equalpay. Denn solange eine Gender-Pay-Gap von 20 % besteht, Frauen mehr als 50 % der unbezahlten Care-Arbeit schultern und im Alter dann in Armut versinken – dank Gender-Pension-Gap – so lange sind Frauen* und Männer* NICHT gleichberechtigt. Der dystopische Ausblick, alles zu geben, um am Ende als Omi zu verarmen, darf keine Realität bleiben. Es wird Zeit, endlich gleich viel Geld für die gleiche Arbeit zu bekommen!
Und seriously: Inwiefern qualifiziert ein Penis für eine höhere Entlohnung der gleichen Arbeit oder einen Job? Welche Leistung erzielt ein Penis während der Arbeit eines Mannes*, für die 20% mehr Geld bezahlt wird?
*Gemeint sind alle Menschen, die sich mit dem genannten Geschlecht identifizieren.
Adwoa 26, Lehrerin und Lerntherapeutin
Als Schwarze Frau (trotz hohem akademischen Status), erlebe ich regelmäßig Benachteiligung. Neben Rassismus habe ich stets das Gefühl, immer mehr tun zu müssen, um denselben Respekt und dieselbe Anerkennung zu erhalten, besonders vom Kollegium. Mir wird oft vorgeworfen, dass ich zu „weich“ sei und „härter durchgreifen“ solle, obwohl ich dieselbe Strenge und Effizienz wie meine männlichen Kollegen an den Tag bringe.
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Christiane, 67, Rentnerin
Mir ist der Frauentag an sich nicht so wichtig. Ich brauche grundsätzlich keinen einzelnen Tag, an dem ich Wertschätzung erfahre. Ich möchte jeden Tag so behandelt werden, als wäre Frauentag oder Muttertag.
Ich habe noch erlebt, dass meine Mutter nur mit der Unterschrift meines Vaters arbeiten gehen durfte. Das fand ich als Kind schon Quatsch. Als ich in das Alter kam, wo es ums Arbeiten ging, war das schon nicht mehr der Fall. Dadurch habe ich bereits viel mehr das Gefühl von Gleichstellung gehabt.
Wenn ich zurückblicke, wo ich in meinem Leben benachteiligt war, fällt mir zum Beispiel ein, dass ich nicht den Beruf lernen konnte, den ich wollte. Ich wäre gerne Autoschlosserin oder Dekorateurin geworden. Diese Berufe waren Männern vorbehalten, weil sie angeblich zu schwere körperliche Arbeiten für Frauen beinhaltet haben.
Oder als ich das erste mal in Berlin gelebt habe. Ich wohnte damals zur Untermiete bei einer älteren Frau. Ein Freund kam mich morgens zum Frühstück besuchen. Meine Vermieterin dachte, er hätte bei mir übernachtet und kündigte mir daraufhin. Denn, dass ein Mann bei mir übernachtet, ohne dass ich mit ihm verheiratet war, war zu damaliger Zeit noch strafbar – Stichwort Kuppelparagraph. Ich hätte mich damals auch gerne für mehr Gerechtigkeit und Gleichstellung engagiert. Allerdings hatte ich als alleinerziehende Mutter zu der Zeit mit anderen Problemen zu kämpfen.
Von meiner Kindheit bis heute hat sich durch das Engagement diverser Gruppen sehr viel für das Frauenbild und die Gleichberechtigung getan. Die vergangenen 50 Jahre waren für die Frauenbewegung sehr positiv. Dadurch konnte ich schon ein fast selbstbestimmtes Leben führen, auch ohne dass mir der Frauentag persönlich sehr wichtig war.
Lucilla, 26, Studentin
Wir Frauen sind einen weiten Weg gekommen und viele starke Persönlichkeiten haben jungen Frauen wie mir die jetzige Situation ermöglicht. Aber Machtdynamiken lassen sich nicht über Nacht verändern. Auch wenn wir der Gleichberechtigung immer näher kommen, ist die Lebensrealität für Frauen doch häufig eine andere. Neben der ständigen Sexualisierung im Alltag, werden sie im Vergleich zu Männern häufiger bei der Jobvergabe und dem Gehalt benachteiligt. Auch deswegen ist der Weltfrauentag eine sinnvolle Gelegenheit, den Fokus auf dieses Ungleichgewicht zu lenken und in den Diskurs über mögliche Lösungen zu kommen.
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Daria, 26, Grafikdesignerin
Ich finde den Frauentag sehr wichtig, um uns immer wieder daran zu erinnern, dass wir noch lange nicht am Ziel bei der Gleichstellung der Geschlechter sind. Wir haben in den letzten Jahrzehnten gesellschaftlich zwar schon sehr viel erreicht, aber trotzdem sind Themen wie die Gender Pay Gap oder die Frauenquote, die gefühlt schon seit meiner Kindheit diskutiert werden, immer noch aktuell und nicht abgeschlossen. Ich persönlich fühle mich zum Glück weder im privaten Umfeld, noch beruflich als Frau benachteiligt.
Allerdings gibt es einen Bereich, in dem ich, wie wahrscheinlich fast jede Frau, schon einige negative Erfahrungen gemacht habe: Sexuelle Belästigung im Alltag. Ob es jetzt der „harmlose“ Po-Grabscher im Club, das Catcalling auf der Straße oder die Dick Pics sind – diese Situationen und noch viel schlimmere Erfahrungen gehören leider zum Alltag der meisten Frauen. Daraus entsteht eine große Unsicherheit und letztendlich auch Unfreiheit, da ich mich als Frau nicht komplett angstfrei in der Öffentlichkeit bewegen kann.
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Gerlinde, 32, Motion Designerin
Ich finde feministischer Kampftag (alle FLINTA-Personen inkludierend) passender als Bezeichnung: Der Tag bedeutet für mich gegen die patriarchalen Strukturen und Rollenbilder in unserer Gesellschaft aufzubegehren. Zu oft habe ich schon gehört, ich würde in meine Rolle als Frau nicht passen, weil meine Interessen „unweiblich“ wären oder ich wurde gar nicht erst in meinen Wissensgebieten ernst genommen.
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Anna, 26, Social Media & Content Managerin
Für mich war es schon immer selbstverständlich, eine Frau zu sein und genau so selbstverständlich war dieser Fakt für mein Umfeld. Das war und ist bis heute immer noch okay für mich. Ich bin sehr dankbar dafür, dass ich mich als weiblich gelesene cis Frau identifiziere und weiß, dass ich damit Privilegien habe, die anderen mehrfach diskriminierten Personen fehlen. Trotzdem erlebe ich natürlich auch die Auswirkungen des Patriarchats.
Es reicht mir nicht mehr, vom generischen maskulinum „mitgemeint“ zu sein. Ich will in Meetings nicht mehr unterbrochen werden und mich im Nachhinein fragen, ob das denn nicht meine eigenen Schuld war. Ich will auf die Straße gehen und mich sicher fühlen, statt mir meinen Schlüssel als „Waffe“ zwischen die Finger zu klemmen. Ich will nicht mehr nach generischen Schönheitsidealen bewertet werden oder als zickig gelten, weil ich meine Meinung sage. Ich will mich für oder gegen das Muttersein entscheiden können, ohne dafür gesellschaftliche negative Konsequenzen zu erleben. Ich will selbstbestimmt leben, lieben und glücklich sein. Und genau deshalb brauchen wir den Frauentag!
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Johanna, 31, Fotografin
Ich muss als Frau mehr leisten, um die gleiche Anerkennung wie ein Mann zu bekommen. Auf meine Arbeit wird viel kritischer geguckt, als auf die eines Mannes und auch Credits bekommen Männer meiner Erfahrung nach öfter, als Frauen.
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Maike, 29, Journalistin
Ich habe es leichter, als viele andere Menschen: Ich bin weiß, werde als cis und hetero gelesen, komme aus einer mittelständischen Familie. Dass all diese Faktoren Privilegien bedeuten, stört mich. Um die unterschiedlichen Realitäten sichtbar zu machen – und sie hoffentlich so bald wie möglich zu wandeln – , ist der Frauen*kampftag wichtig.
Sahar, 31, Volljuristin
Der Weltfrauentag oder Frauenkampftag ist mir besonders wichtig, weil wir als Frauen noch nicht an unserem Ziel sind. Noch immer müssen wir auf das Thema Gewalt gegen Frauen, sexuelle Selbstbestimmung der Frau und die (systematische) Benachteiligung von Frauen hier in Deutschland als auch weltweit aufmerksam machen und dagegen kämpfen.
Noch immer verdiene ich in meinem Job nicht so viel wie ein Mann. Noch immer muss ich mich als Frau mehr beweisen als ein Mann, sowohl bei der Arbeit als auch privat. Noch immer muss ich lauter und energischer agieren, wenn ich mich als Frau durchsetzen will und noch immer ecke ich an, wenn ich mich nicht den typischen von der Gesellschaft gewollten Rollen hingebe.
In den letzten 110 Jahren wurde viel und hart dafür gekämpft um dort zu stehen, wo wir im Augenblick stehen, aber damit haben wir noch nicht genug getan. Ich möchte meinen Teil dazu beitragen, dass die nachfolgenden Generationen genauso davon profitieren können, wie ich. Ich bin heute zum Beispiel dankbar für mein Wahlrecht oder über die Frauenquote.
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Michelle, 30, Journalistin/Moderatorin
Ich fühle mich benachteiligt, weil Frauen um die 30 ständig nach Mann, Haus und Kind gefragt werden. Privat und beruflich (sogar mal in einem Vorstellungsgespräch)! Für viele ist es immer noch selbstverständlich, dass die Frau dann erstmal zu Hause bleiben muss und danach maximal halbtags arbeitet. Da braucht es noch viel bessere Kita-Angebote und vor allem muss sich das Denken in der Gesellschaft wandeln, damit sich irgendwann mal Job und Familie für Frauen vereinbaren lässt.
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Rebecca R. , 29, Video-/Fotografin
Es ist gut, einen Tag wie den Frauentag zu haben, um Aufmerksamkeit und Sensibilität für die bestehenden Probleme zu schaffen, aber eigentlich sollte Frauentag 365 Tage im Jahr sein.
Ich merke, dass ich mittlerweile mehr Jobs kriege, gerade weil ich eine Frau bin. Es wird mittlerweile mehr darauf geachtet, Diversität abzubilden. Ich finde aber, Diversität sollte auch heißen, mehr Schwarzen Menschen, mehr Migrantischen Menschen und generell Menschen mit verschiedenen Meinungen und Perspektiven einzustellen.
Vor allem in älteren Strukturen, in denen dementsprechend oft viele ältere Menschen arbeiten, merke ich noch stark, dass ich als Frau benachteiligt bin. Ich muss mehr auf meine Kleidung achten und darauf achten wie ich mich ausdrücke, damit ich ernst genommen werde. Das finde ich anstrengend und schade. Ich mag Arbeitssituationen, wo man sich gegenseitig annimmt und unterstützt und nicht das Gefühl hat, dass man sich für Respekt in eine Richtung biegen muss, die mir nicht entspricht.
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Tugba, 26, Customer Service Agent
Als Frau in der Gesellschaft wird man kritisiert, wenn man zu wenig trägt und gerne seinen Körper zeigt. Auf der anderen Seite wird eine Frau kritisiert, wenn sie zu viel trägt. Egal wie man sich in dieser Gesellschaft gibt, eine Frau wird immer auf ihr Äußeres reduziert. Männer im Gegenzug zeigen ihren Körper, ohne darauf reduziert zu werden. Hier müssen wir an der Denkweise ändern und Toleranz zu jeder Entscheidung aufbringen, die eine Frau trifft, wie sie sich in der Gesellschaft zeigen möchte.
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Rebecca, 33, Produktionsleitung
Ich bin durch meinen Job viel im Austausch mit anderen Menschen, erteile Aufträge, schreibe Briefings und gebe Anweisungen. Ich habe oft das Gefühl, dass meine Anweisungen öfter hinterfragt werden, als von Kollegen. Dazu kommt, dass meine Art zu kommunizieren recht direkt ist. Mir ist es schon passiert, dass ich darauf hingewiesen wurde, meine Emails doch bitte etwas netter und nicht so direkt und forsch zu formulieren, damit sich das Gegenüber wohl fühlt. Ich weiß es natürlich nicht, aber ich glaube, so eine Ansage bekommen Männer eher nicht.
Der Frauentag ist eine gute Erinnerung, dass es einfach immer noch keine absolute Gleichberechtigung gibt. Ich weiß, viele sind das Thema leid und schlagen vor, wir Frauen sollten bei sexistischen Kommentaren doch einfach mal „drüber stehen“, weil es viel schlimmere Dinge auf der Welt gibt. Klar gibt es die, aber das heißt nicht, dass wir das Thema Gleichberechtigung hinten anstellen sollten. Der Frauentag erinnert uns jedes Jahr wieder daran.
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Blanche, 26, Künstlerin
Wer sich die Kunstgeschichte anschaut, dem wird auffallen, dass sie von Männern dominiert und geprägt ist. Die vielen großen Künstler*innen waren nun einmal fast ausschließlich männlicher Natur. Man könnte das natürlich hinterfragen, aber ich ziehe da ungeniert einen Strich drunter und drehe den Spieß schlichtweg um.
Wie Paul Cézanne und Wassily Kandinsky schmiss auch ich das Studium der Jurisprudenz, um Künstlerin zu werden – wenn die das können, kann ich das auch! Der Frauentag ist mir wichtig, um ein Zeichen zu setzen. Ein Zeichen, um auf Gleichberechtigung und Frauenrechte aufmerksam zu machen.
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Karla, 19, Studentin
Im Allgemeinen bin ich in einer privilegierten Position, ich habe gute Freunde, eine liebevolle Familie und Eltern, die mich in allem unterstützen. Manchmal jedoch gibt es Situationen, in denen ich mich gezwungen sehe, mich anders zu verhalten, als junge Männer in meinem Alter.
Als Frau habe ich nicht das Gefühl, dass ich ausgelassen feiern kann, zumindest nicht, wenn ich nicht jemanden habe, der den gleichen Heimweg hat wie ich, der immer in meiner Nähe ist und für den ich immer in der Nähe bin. Ich habe nicht das Gefühl, dass es Jungs in meinem Alter so geht.
Ich bin 19 Jahre alt. Ich will vernünftig sein können, aber nicht vernünftig sein müssen. Ich will auch mal ein Bier mehr trinken, selbstständig nach Hause gehen.
Was ich ganz sicher nicht wollte: Als vierzehnjährige von jemandem im Park angesprochen werden, ob ich ihm einen Blasen möchte.
Im Internet begegne ich immer wieder Debatten über Femnazis, dass Feministen scheiße sind, zumindest manche von ihnen, weil sie mehr Rechte für Frauen als für Männer fordern. Die Debatten verfehlen die Themen. Anstatt zu fragen, was getan werden kann, um den Betroffenen zu helfen, wird gefragt, warum man selbst der Schuldige ist. Man habe doch selbst nichts getan. Es wird gefragt, warum immer alle Männer in einen Topf geworfen werden.
Gerade weil die Debatten an den wichtigen Themen vorbeilaufen, bin ich der Meinung, dass ein Weltfrauentag immer noch eine wichtige Aufgabe hat. Nicht um Frauen über Männer zu stellen, sondern ihnen eine Möglichkeit zu geben, die wirklichen Probleme anzusprechen.
Ein großes Dankeschön an all die großartigen Frauen, die sich die Zeit genommen haben und uns ihre Antworten geschickt haben! Wir sind sehr dankbar dafür, euch in unseren Leben zu haben!