Ich habe mir schon so so oft den Kopf darüber zerbrochen, was andere denken. Über mich, die Dinge die ich tue oder Dinge, die ich getan habe. Ich denke, das kennt jede*r und niemand ist davor geschützt. Das ist auch okay. Wenn es aber soweit geht, dass du dir nicht „nur“ Gedanken darüber machst, was andere von dir denken, sondern dadurch dein Handeln beeinflussen lässt und beginnst, dich einzuschränken, nur weil du etwas zwischen Zeilen liest, die nie geschrieben wurden, wird es problematisch.
Die denken bestimmt…
Bei mir ging es soweit, dass ich nicht nur der Meinung war, ich wüsste genau, was andere denken, nein. Ich habe damit angefangen, ihre Reaktionen vorauszusagen. „Wenn ich jetzt schon wieder von meinem Liebeskummer erzähle, dann sind sie bestimmt genervt und verdrehen die Augen.“ oder „Wenn ich ihm jetzt sage, dass mir eine mittelschwere Depression diagnostiziert wurde, kann er damit nicht umgehen.“
Irgendwo ist das vielleicht auch verständlich. Wer möchte schon seinen Freund*innen, seinem*r Partner*in oder der Familie zur Last fallen. Aber 1. liegt da schon der Fehler im Satz, denn wenn diese Menschen dich wirklich so lieben wie du bist, fällst du ihnen nicht zur Last und 2. sind diese Personen unter anderem genau dafür da, um dich aufzufangen. Sie wären nicht in deinem Leben, wenn sie dich nicht lieben, gerne unterstützen und dir zuhören wollen.
Dazu sollte natürlich auch gesagt sein, dass es definitiv auch andere Realitäten gibt und nicht alle Menschen eine liebevolle Familie oder gute Freund*innen haben. Aber vor allem Freund*innen sind ja die Familie, die man sich aussucht und man sollte sich von solchen trennen, die einem ein schlechtes Gefühl geben.
Denn das Denken der Gedanken ist gedankenloses Denken.
Grundsätzlich wusste ich auch immer, dass ich den Menschen in meinem Leben nicht zu viel war, nur häuften sich bei mir über die Zeit immer mehr und größere Probleme an und irgendwann hatte ich eben doch Angst, dass es für meine Liebsten zu viel ist. Auch aufgrund von schlechten Erfahrungen mit Menschen, die ich mittlerweile nicht mehr zu meinem Freundeskreis zähle.
Also habe ich damit angefangen, wichtige Gespräche nicht mehr zu führen oder sie hinausgezögert, bis es nicht mehr ging. „Damit schütze ich ja auch mein Gegenüber”, habe ich mir eingeredet. Und so habe ich automatisch vermieden, eine der von mir ersponnen Antworten oder Reaktionen zu bekommen. Und das on top dazu, dass ich mir sowieso schon viel zu viele Gedanken darüber mache, was vollkommen fremde Menschen von mir denken.
Da stand ich also irgendwann. Traurig und ziemlich einsam mit mir selbst. Und wieso? Weil ich der Meinung war, ich wüsste was andere Menschen über mich denken. Ich zerbreche mir den Kopf darüber, meinem Gegenüber nicht zur Last zu fallen und wie ich so wenig Aufwand und Arbeit wie möglich verursache, dabei bleibe ich mit meinen Bedürfnissen auf der Strecke. Abgesehen davon, dass man sich selbst weder als Aufwand noch als Arbeit beschreiben sollte, ist das absoluter Bullshit.
Der Wendepunkt
Ein Wendepunkt war ein Gespräch mit einem guten Freund. Ich erzählte ihm von den Dingen, die ich anderen nicht sagen wollte, weil sie sie nicht händeln könnten und merkte mit jeder Minute mehr, wie sehr mich diese Sachen belasteten. Er hörte mir eine Weile zu, bis es aus ihm rausplatzte:
„Anna, du musst aufhören für andere Menschen zu denken. Du weißt nicht, was die Person mit der Info macht, die du ihr gibst. Damit verwehrst du ihr, dir zu zeigen, dass sie richtig reagieren kann. Und wenn die Person damit wirklich nicht umgehen kann, muss sie dir das sagen. Ab dem Zeitpunkt liegt es eben an deinem Gegenüber und das ist auch okay so.“
Bis heute ist das einer der wahrsten und klügsten Sätze, den ich im Bezug auf zwischenmenschliches Handeln gehört habe. An dieser Stelle nochmal Danke! Denn dieser Satz hat dafür gesorgt, dass ich mein Verhalten aktiv verändert habe.
Sicher gibt es die eine Freundin, die mir sagt: „Also jetzt musst du aber mal wieder klar kommen mit deinem Liebeskummer“, und das tut dann weh. Aber sagt das nicht erstens viel mehr über diese Person aus, als über mich? Und Zweitens, gibt es da die andere Freundin. Die, die zu mir kommt und mir sagt: „Du darfst so lange traurig sein, wie du willst. Ich höre dir so lange zu, wie es eben dauert.”
Für jede Entscheidung die wir treffen oder auch nicht treffen, zahlen wir einen Preis. Die Höhe legen wir dabei selbst fest. Und ich möchte einfach nicht mehr unnötig viel für etwas ausgeben, was ich für viel, viel weniger kriegen kann.
Denn ich für meinen Teil wurde in den meisten Fällen sehr positiv überrascht, vor allem von den Menschen, die immer noch Teil meines Lebens sind.
Titelbild: Aron Visuals