Manchmal gibt es Texte, die ein bisschen liegen, bevor ich sie veröffentliche. Manchmal, weil ich Abstand zu ihnen brauche, manchmal weil ich noch keine Zeit hatte, sie fertig zu schreiben und manchmal auch, weil ich sie vergessen habe. Das ist einer dieser Abstandstexte. Ich habe ihn im Sommer 2020 geschrieben und er fängt, wie ich finde, ganz gut meine Gefühlswelt ein, in der ich mich in dieser Zeit befand.
Akzeptanz von destruktivem Verhalten?
Ich bin heute um sieben Uhr morgens aufgewacht. Total verklatscht, weil ich die ganze Nacht super lebhaft geträumt habe.
Schon mal keine guten Grundvoraussetzungen für einen produktiven Tag. Bis 9:00 Uhr habe ich an meinem Handy gehangen und mich in den Strudel von Youtube und Instagram immer weiter Richtung null Motivation ziehen lassen.
In meinem Kopf habe ich mir immer wieder gesagt: „Gleich fängst du an. Nur die eine Story, das eine Video und dann gehst du duschen…“ Das Ende vom Lied? Es ist jetzt 14:42 Uhr, ich habe vor nicht ganz 40 Minuten heute das erste Mal meinen Laptop angeschmissen. Und neben mir steht ein geöffnetes Nutellaglas mit einem Löffel drin.
Mit jedem Löffel fühle ich mich schlechter. Ich bin sauer auf mich. Nicht nur, weil ich Nutella esse, sondern weil ich mich mal wieder so destruktiv verhalte. Und schon während ich das schreibe, versuche ich, nicht zu streng zu mir zu sein. Denn meine aktuelle Arbeitslosigkeit und der damit verbundene fehlende Rhythmus sind nicht leicht für mich. Ich bin das erste mal in meinem Leben zu 100% selbst für meine Zeit verantwortlich und ich kann dir sagen, das ist alles andere als einfach.
Von der Schockstarre zur Akzeptanz
Aber an Tagen wie heute, an denen ich es erst so spät schaffe mich zu überwinden, schaffe ich es kaum, nett zu mir sein. Meine innere Kritikerin schreit mich an. Sie schreit so laut und doch kann ich mich nicht bewegen. Ich bin so gelähmt, dass ich es gerade mal von der Couch zum Bett und wieder zurück schaffe. Achso und natürlich zum Kühlschrank, um die Leere mit Essen füllen.
Und so sitze ich hier jetzt – ungeduscht vor meinem Laptop. Nicht mehr ganz im Kreis meiner Untätigkeit gefangen, aber irgendwie auch immer noch nicht wirklich anwesend. Es ist einfach so frustrierend, wenn man weiß, was einem wirklich gut tut und dann doch immer wieder in die negativen Muster zurückfällt. Ich weiß, dass mir Spaziergänge, Yoga, Meditation und ein geregelter Ablauf in solchen Momenten viel besser helfen würden, als ein Glas Nutella. Aber die Muster die dafür sorgen, dass es mir noch schlechter geht, sitzen routinierter.
Ich habe mich schon mal gefragt, ob das so ist, weil es ein Zustand ist, den ich so gut kenne – also der Zustand des Frustriertseins – er ist mir vertrauter als alles andere. Was auch immer es letzten Endes ist, ich habe auf jeden Fall gemerkt, dass es mir nicht hilft, mir zusätzlich Vorwürfe zu machen – ganz im Gegenteil.
Ich glaube sogar, dass diese Vorwürfe der Grund dafür sind, dass es mir noch schwerer fällt mich zu motivieren. Eigentlich auch klar, wenn man sich vorstellt, dass von zwei Seiten massiv auf dich eingebrüllt wird. Also die eine Seite die mich dazu motivieren will, endlich anzufangen und die andere, die mir vorwirft, dass ich mich nicht motivieren kann. Dazwischen ich, in Schockstarre. Da würden sich vermutlich viele Menschen erstmal nicht bewegen.
Ich will mich nicht mehr geißeln, mir keinen Stress machen. Ich will mich lieben, auch wenn ich nichts leiste. Das ist meine größte Challenge. Die größte Aufgabe, vor der ich stehe. Für’s erste versuche ich jetzt also zu akzeptieren, dass heute eben ein Nutella-Tag ist und zweitens werde ich mich jetzt loben. Denn trotz allem habe ich heute meinen Laptop aufgeklappt und diese Zeilen geschrieben.
Wie ist es bei dir mit der Akzeptanz? Fällt es dir leicht, dir selbst zu verzeihen oder nicht? Schreibe mir das gerne in die Kommentare!
Titelbild by Milad B. Fakurian