Der Berliner Winter ist furchtbar – grauer Himmel, schlecht gelaunte Menschen und sollte es doch einmal schneien, verwandelt sich der Schnee auf den Straßen schnell zu einer undefinierbaren schwarzen Masse und sorgt für ein Verkehrschaos, als hätte es in dieser Stadt noch nie geschneit.
Kein Wunder also, dass früher oder später die Sehnsucht nach verträumter Winterlandschaft überhand nimmt. Aber wohin, wenn einem der typische Winterurlaub in einer Hütte auf der Alm grundunsympatisch ist? Eine kurze Recherche im Internet brachte die Antwort: Finnland!
Viel wussten mein Freund und ich anfangs nicht über Finnland: Es gehört nicht so richtig zu Skandinavien, die Sprache ist mit dem Ungarischen verwandt und es gibt massig Schnee – der Hauptgrund, warum wir überhaupt auf die Idee kamen, dieses Land zu bereisen.
Helsinki – Entschleunigte Metropole
Geflogen sind wir Anfang März 2020 – zu dieser Zeit liegt noch mehr als genug Schnee in Finnland.Außerdem hat man gerade in dieser Zeit gute Chancen, im Norden Finnlands Polarlichter zu sehen. Spoiler Alert: Wir hatten leider Pech, da es entweder zu bedeckt oder die Polarlichtaktivität zu gering war…
Das eigentliche Ziel unserer Reise war Rovaniemi, die Hauptstadt von Lappland. Dort kommt man von Berlin aus nur über Helsinki hin, deshalb nutzten wir die Möglichkeit, uns einen Tag lang die Hauptstadt Finnlands anzuschauen. An nur einem Tag bekommt man natürlich nicht alles zu sehen, aber schon die ersten Eindrücke reichen ja oft, um ein Gefühl für die Stadt zu bekommen.
Am deutlichsten fiel uns auf, dass es in Helsinki erstaunlich leer war. Vielleicht lag es auch daran, dass wir an einem Montag im März dort waren, aber das hektische Gedränge, das man von den Berliner Hotspots kennt, gab es dort nicht. Ein paar Sehenswürdigkeiten, zum Beispiel den Senatsplatz, haben wir uns natürlich auch angeschaut, aber das Hauptaugenmerk lag doch eher auf den kleinen Entdeckungen beim Herumschlendern und Tram fahren.
Dinge, die uns noch an diesem Tag aufgefallen sind:
Finnland hat zwei Amtssprachen: Finnisch und Schwedisch. Daher wird an öffentlichen Plätzen und im ÖPNV alles in beiden Sprachen ausgeschildert. Die finnische Sprache ist super niedlich! Die Post heißt Posti und ein Imbiss Grilli. Kartenzahlung wird hier der Barzahlung vorgezogen. Also kann es durchaus sein, dass du in einem Laden eher nicht mit Bargeld zahlen kannst, stattdessen aber mit Karte. Für Radfahrer gibt es Schnellstraßen. Trinkgeld ist eher unüblich, aber die Menschen sind offen und freuen sich trotzdem darüber.
Rovaniemi – Die Hauptstadt des Nordens
Als wir Rovaniemi anflogen, eröffnete sich uns ein wunderschöner Blick auf eine verschneite Seen- und Tundralandschaft. Am Flughafen angekommen, kamen wir aus dem Staunen aufgrund der Massen an Schnee gar nicht mehr heraus. Wir waren uns einig – dieser Urlaub hatte sich jetzt schon gelohnt!
Als Unterkunft haben wir uns ein kleines AirBnB gemietet. Die Preise sind in Rovaniemi nicht ohne und die Unterkünfte oft nicht so schön, wie man es sich wünschen würde. Viele Bauten erinnern an Häuser aus östlichen Staaten, pragmatisch aus Betonplatten und dreifach isolierten Fensterscheiben zusammengestellte Wohnblöcke. Dafür hatten wir ein bequemes Bett, eine Küche mit Induktionsherd und eine gute Isolation gegenüber den -15° C, die es draußen nun mal hatte.
Außerdem ist uns in unserer Unterkunft etwas begegnet, das uns schon vorher auch auf öffentlichen Toiletten überrascht hatte: Popoduschen! In jeder noch so kleinen Toilettenkabine gab es ein kleines Waschbecken mit Handbrause, die offensichtlich zur Reinigung nach dem großen Geschäft gedacht ist. Diese eher in asiatischen Ländern übliche Reinigungsmethode hatte ich hier oben im Norden nicht erwartet.
Da Rovaniemi nicht nur aus der Kernstadt, sondern auch aus der Landgemeinde Rovaniemi besteht, ist es die flächengrößte Stadt Europas. Dabei ist sie extrem dünn besiedelt mit gerade mal 7,2 Einwohner*innen pro Quadratkilometer. Zum Vergleich: Berlin hat 4.115 Einwohner*innen pro Quadratkilometer…
Zu den Highlights in Rovaniemi gehören das Weihnachtsmanndorf, das direkt auf dem Polarkreis liegt und das Arktikum, ein Museum, das sich mit der Arktis beschäftigt. Darüber hinaus gibt es ein schönes Skigebiet auf dem städtischen Berg Ounasvaara und ein total gemütliches Katzencafé, das glücklicherweise direkt in der Straße unserer Unterkunft lag. Auch die Foodszene kann sich hier echt sehen lassen.
Touristische Highlights
Als erstes stand natürlich das Weihnachtsmanndorf auf dem Plan. Eine der Aktivitäten, die nur für die Tourist*innen der Gegend existieren.
Das Weihnachtsmanndorf ist ein Ort nördlich der Kernstadt Rovaniemi, an dem man Schlitten fahren und den Weihnachtsmann und die Elfenfarm besuchen kann. Der Weihnachtsmann war allerdings nicht da, als wir im Dorf waren, es war ja schließlich März…
Alle anderen Aktivitäten waren so unglaublich teuer und sahen dafür einfach nicht verlockend genug aus, dass wir uns damit begnügt haben, über das Gelände zu spazieren und den weihnachtlichen Vibe zu spüren. Mit viel Geld ist das für eine Familie mit Kindern bestimmt ein schöner Ausflug in dieserGegend, uns hat es nicht so gut gefallen.
Gut gefallen hat uns dafür das Arktikum – ein Museum, das auf sehr lebendige Weise die Geschichte und Geheimnisse der Arktis erklärt. Kernstück ist ein langer Gang mit einer Glaskuppel, der an seinem Ende einen wunderschönen Ausblick auf die Flusslandschaft gibt, an der Rovaniemi erbaut ist. Die Ausstellungen liefern sehr viel Wissenswertes über die Natur Lapplands und der Arktis, die dort lebenden Menschen und die leider immer größer werdende Bedrohung durch menschliche Einflüsse und den daraus resultierenden Klimawandel. Ein großes Thema des Museums sind natürlich auch die Nordlichter, ihre Entstehung und die darum gewachsenen Mythen.
Diese Nordlichter sind eine weitere Hauptattraktion, die viele Touristen in das nördlich gelegene Lappland zieht. Auch wir hatten die Hoffnung, die magischen Lichter zu sehen und haben uns unterschiedlichste Spots in und um Rovaniemi rausgesucht, die als besonders vielversprechend gelten. Leider hatten wir entweder schlechtes Wetter oder zu geringe Nordlichtaktivität, so dass uns dieses Highlight leider verwehrt blieb.
Persönliche Highlights
Mein persönliches Highlight war das Katzencafé in der Straße unserer Unterkunft. Entdeckt hatten wir es schon am ersten Tag, kamen aber erst ein paar Tage später dazu, uns hier für ein paar Stündchen aufzuwärmen. Die zutraulichen Katzen, die nette Besitzerin und die guten Getränke wärmten Körper und Seele.
Landschaftlich besonders schön ist der Berg Ounasvaara, der ziemlich nah am Zentrum liegt. Er ist das örtliche Naherholungsgebiet mit ein paar Skipisten und einem schönen Aussichtspunkt. Die Spaziergänge in der Abendsonne und auch bei Nacht auf der Suche nach Nordlichtern durch den zugeschneiten Wald waren unglaublich magisch!
Völlig unterschätzt hatten wir auch die lappische Küche. In Rovaniemi gibt es einige gute Restaurants, die gekonnt die klassische lappische Küche mit modernen Einflüssen verbinden. Highlight war für uns das Ravintola Roka, aber auch im Yuca und in der benachbarten Cafe & Bar 21 konnten wir uns sehr gut die Bäuche vollschlagen.
Der Zauber Finnlands
Zuerst wussten wir gar nichts über Finnland – und haben uns in der guten Woche, die wir dort verbracht haben, ein klein bisschen in das Land verliebt.
Ich glaube, Finnland wird häufig sehr anders wahrgenommen, als es tatsächlich ist. Durch die lange Zugehörigkeit zu Schweden und darauf folgende lange Besetzung durch Russland gibt es in der finnischen Kultur viele Einflüsse beider Seiten, aber trotzdem konnte die Bevölkerung die eigene Sprache und eigenen Sitten beibehalten.
Dazu kommt die wunderschöne, vielerorts noch unberührte Natur, die in harmonischem Gegensatz zur modernen Design-Metropole Helsinki steht. Diese Mischung macht Finnland zu einem spannenden Urlaubsland, das viel mehr zu bieten hat, als man am Anfang vielleicht vermuten würde.
Warst du schon mal in Finnland? Wie fandest du’s? Und welches Land hast du schon bereist, das völlig anders war, als du es erwartet hast?