Die Erinnerung an schöne Reisen und die Aussicht, bald wieder loszuziehen, hilft sehr, in diesen Lockdown-Monaten nicht völlig die gute Laune zu verlieren. Deshalb gibt es jetzt einen Bericht einer kleinen Reise, die ich zusammen mit meinem Freund im September 2019 unternommen habe.
Nazaré – Atlantikwellen und Tropfsteinhöhlen
Die ersten zwei Tage haben wir gemütlich beim Vater meines Freundes verbracht, der vor ein paar Jahren in den Süden gezogen ist. Wir wollten gerne auch etwas vom Land sehen und haben uns schließlich mit seinem Zelt und Clio auf den Weg gemacht, Portugal zu entdecken.
Erster Zwischenstopp: Nazaré. International bekannt ist die Stadt vor allem für die bis zu mehr als 20 Meter hohen Wellen und die deshalb dort stattfindenden Surf Contests. Allerdings ist die Wellensaison von Oktober bis März und wir hatten im September nur „normale“ Atlantikwellen, die für ein Ostseekind wie mich aber auch schon sehr beeindruckend waren.
In Nazaré sind wir mit der Ascensor de Nazaré, einer Bergbahn, die mit einer Steigung von 42° die Küste erklimmt, zum Ortsteil Sítio gefahren und haben einen Abstecher zur nahe gelegenen Tropfsteinhöhle in Mira de Aire gemacht. Die Höhle schien relativ unbekannt zu sein, denn es waren kaum internationale Tourist*innen bei der Führung dabei. Uns hat sie sehr gut gefallen.
Klassischer Tourismus in Lissabon
Als nächstes Ziel stand Lissabon auf dem Plan. Auf dem Weg dorthin haben wir unsere Mittagspause in dem kleinen Städtchen Óbidos verbracht. Die Kleinstadt hat einen wunderschönen historischen Ortskern, dessen Zentrum eine beeindruckende Burg aus dem Spätmittelalter ist.
„Am schönsten erfährt man eine Stadt meiner Meinung nach, wenn man mit offenen Augen durch die Straßen und Gassen schlendert und das Gefühl des Ortes genießt.“
In Lissabon haben wir uns ein Hostel gegönnt – endlich mal wieder eine eigene Dusche und ein gemütliches Bett.
Nach kurzer Eingewöhnung und etwas Orientierung – nach dem ruhigen Start der Reise waren wir von dem städtischen Trubel anfangs etwas überfordert – konnten wir die Schönheit der Hauptstadt Portugals in vollen Zügen genießen. Natürlich durfte ein bisschen Tourist*innenprogramm nicht fehlen – Besuch des Castelo de São Jorge und der Standseilbahn Bica inklusive. Am schönsten erfährt man eine Stadt aber meiner Meinung nach, wenn man mit offenen Augen durch die Straßen und Gassen schlendert und das Gefühl des Ortes genießt.
Der historische Stadtkern in Óbidos ist sehr gut erhalten. © Daria Alltag in Lissabon. © Daria Typisch portugisische fliesenbesetzte Häuser. © Daria Die Standseilbahn in Lissabon ist eines der beliebtesten Fotomotive in Portugal. © Daria
Königliche Vibes in Sintra
Wenn du in Lissabon bist, solltest du auf jeden Fall Zeit für einen Trip nach Sintra einplanen. Sintra ist eine Kleinstadt in der Nähe von Lissabon, die für ihre Vielzahl an Schlössern und Burgen weltbekannt ist. Weil die Parkplätze vor Ort rar und teuer sein sollen, haben wir den Clio auf einem Langzeitparkplatz in Lissabon gelassen und uns stattdessen für eine entspannte Zugfahrt durch Speckgürtel Lissabons entschieden.
Der im Reiseführer als „gemütlicher Spaziergang“ betitelte Weg zu den Schlössern auf dem Berg, entpuppte sich als eine ziemlich anstrengende Wanderung. Tipp: Nimm’ den Bus oder ein Tuk Tuk nach oben zum Palacio da Pena und spazier’ wieder runter.
Das Palacio da Pena ist, genau wie Sintra selbst, ein Tourist*innenmagnet. Wenn du dir also einen entspannten Spaziergang und Ruhe erhoffst, wirst du hier enttäuscht. Auch den Eintritt von 7,50 Euro, womit du nur auf die Parkanlage kommst, fanden wir ganz schön happig. Aber wenn dich viele Menschen nicht stören und du klassisches Touriprogramm magst, ist der Ausflug auf jeden Fall etwas für dich.
Fernab der Tourismuspfade
Nach dem Trubel im Ballungsraum Lissabon zog es uns weiter Richtung Süden, vorbei an Korkeichenhainen und immer mit dem Meer auf der rechten Seite. Goldenes Licht und tiefblaues Meer mit feinen Sandstränden ließen uns immer wieder am Straßenrand anhalten, um die wilde Schönheit des Atlantiks zu bewundern.
Da wir am Ende unserer Reise Auto und Zelt wieder im Norden Portugals abgeben mussten, haben wir noch vor Sines die Küste verlassen und sind ins Landesinnere gefahren. So konnten wir auf dem Rückweg eine komplett andere Gegend kennenlernen. Es waren kaum noch Tourist*innen anzutreffen und mit Englisch kamen wir nicht mehr weit.
„Im Landesinneren waren kaum noch Tourist*innen anzutreffen und mit Englisch kamen wir nicht mehr weit.“
Wir haben super schöne abgelegene Orte entdeckt, in tollen preiswerten Restaurants gegessen und einen Steinkreis besucht, der nochmal 2000 Jahre älter ist, als Stonehenge.
Weitere Highlights auf der Rückreise waren ein kleiner auf Nachhaltigkeit ausgelegter Campingplatz mitten im Nirgendwo, die an Hogwarts erinnernde Kathedrale von Évora, die Tempelritterburg in Tomar und als beeindruckender Abschluss das Gebirge Portugals, Serra da Estrela. Auf dem Pass hat man einen atemberaubenden Blick über das Land und die Landschaft besteht aus dramatischen Felsformationen und kargen Flächen.
Ein Steinkreis, der 2000 Jahre älter ist, als Stonehenge. © Daria Harry Potter Vibes in der Kathedrale von Évora. @ Daria Innenhof der Tempelritterburg in Tomar. © Daria Camping with a View auf einem wunderschönen, nachhaltigen Campingplatz. © Daria Karge Flächen hoch in den Bergen bestimmen die Landschaft der Serra da Estrela. © Daria
Was ich auf dieser Reise gelernt habe
Dieser Roadtrip war eine der vielseitigsten Reisen, die ich bisher hatte. Die weniger touristischen Gegenden waren vielleicht nicht so beeindruckend wie die Schlösser in Sintra, trotzdem denke ich im Nachhinein viel öfter an die kleinen schönen Momente der Reise zurück.
Zum Beispiel an den Abend, an dem wir in einem Restaurant mitten in der Pampa gelandet sind, das voll war mit rauchenden alten Männern, die lauthals Karten gespielt haben und niemand ein Wort Englisch konnte, wo wir aber das köstlichste Essen der ganzen Reise bekommen haben.
„Die touristischen Ziele ‚die man mal gesehen haben muss‘ sind vielleicht schön anzusehen, aber eigentlich nur noch eine vermarktete Hülle von etwas längst Vergangenem.“
Und das ist es, worauf man sich immer wieder besinnen sollte: Die touristischen Ziele „die man mal gesehen haben muss“ sind vielleicht schön anzusehen, aber eigentlich nur noch eine vermarktete Hülle von etwas längst Vergangenem.
Neue Orte zu entdecken ist super wichtig und wunderschön, aber nur für den Insta-Feed ein Foto vor jeder Sehenswürdigkeit des Landes zu haben, bringt dir selbst wenig Mehrwert und belastet Natur und Menschen an diesen Orten. Tourismus ist überlebenswichtig für sehr viele Gegenden, aber im Übermaß schadet er mehr, als dass es hilft.
Warst du schon mal in Portugal? Wenn ja, schreib mir gerne, was du am Besten fandest! Wenn nein, wird es auf jeden Fall Zeit! (nach Corona natürlich)